Was “Höchste Eisenbahn” mit der Sängerin Judith Holofernes von “Wir sind Helden“ mit Coaching zu tun haben

On 13. Mai 2013 by Jens Jannasch

Wir leben immer wieder in der Zukunft. Oft hört man „…wenn ich in Rente bin, dann…“ oder „…mit 40 starte ich nochmal richtig durch“. Noch öfters wird gesagt „damit beginne ich gleich nächsten Monat/Woche“.
Aber was macht man in der Zwischenzeit? Jetzt in diesem Moment?
Was macht man in den Jahren, Monaten, Wochen bis zum Start?
Wissen wir denn, was in 10-20 Jahren ist? Kann innerhalb von Sekunden nicht jeder Plan verworfen werden ?
Ich arbeite oft mit Menschen mit Einschränkungen zusammen. Nicht selten kommt es vor, dass ein Coachee erzählt, was er sich für Ziele in der Zukunft gesetzt hat. 15 Jahre hat ein Klient zum Beispiel seinen jähzornigen Chef tagtäglich über sich ergehen lassen. Immer mit dem Satz: nur noch 15 Jahre. Dann bin ich im Vorruhestand.10 Jahre,5 Jahre…- Verkehrsunfall, Querschnittslähmung. Ziele geplatzt. Nichts von all dem, was er machen wollte, kann er heute noch machen. Heute bereut er jeden Tag, den er vergeudet hat.

Und hierzu wieder einmal ein Ausschnitt aus einem Song. Die Band „Höchste Eisenbahn“ hat mit der Sängerin Judith Holofernes von „Wir sind Helden“ im Lied „Vergangenheit“ folgendes gesungen:

Du dachtest: „Wenn ich richtig alt bin, hör ich endlich auf mit Allem
Und dann fülle ich mein Leben nur mit Schönem, Wahrem, Prallem.“
Du dachtest viel darüber nach und fasstest den konkreten Plan
Du wirst am ersten Tag als Rentner zum Haus deiner Eltern fahren

Du dachtest: „Dann bau ich mir endlich ein Haus in meinem Baum,
der dann zu den Sternen raufwächst, wie in meinem Traum.“
Du dachtest viel nach auf der Fahrt und nach den zehn Stunden warst Du da
Doch wo Dein Haus mit deinem Baum war stand ein E-D-E-K-A “

Man setzt sich also Ziele. Möchte wenn man auf Rente ist seinen großen Lebenstraum erfüllen. Allerdings gibt es den Baum zur Verwirklichung nicht mehr, da an dessen Stelle ein Supermarkt steht. Und jetzt?
Hat man sein Leben lang auf einen Punkt hin gearbeitet, der letztendlich nicht erfüllbar ist.
Und was hat man währenddessen gemacht? Das Leben im schlimmsten Fall an sich vorbei ziehen lassen.
Der Klassiker beim Herausschieben von Veränderungen sind die Neujahrsvorsätze. Wie oft werden sie gehalten? Muss halt bis zum nächsten Silvester abgewartet werden.
Oder die Diät? Nur noch diesen Jumboeisbecher-dann mache ich FDH. Wenigstens kann man bei letzterem Beispiel sagen: gut gemacht. Jetzt gelebt. Jetzt genossen. Aber wie immer sollte alles in Maßen stattfinden.
Aber wie erst einmal zu dieser Erkenntnis kommen?
Wenn man weiß, wie man seine Problemzonen weg bekommt, ist man schon ordentlich weit. Man hat es erkannt, sich damit auseinander gesetzt und muss es „nur“ noch umsetzen.
In anderen Lebenssituationen kann dieses „erkennen“ aber weitaus schwieriger sein.
Einige Beispiele habe ich in meinem Blog schon beschrieben.
Andere könnten sein, sich beruflich zu verändern: „Ständig diese monotone Arbeit. Aber wenn ich auf Rente bin, dann lebe ich kreativ…“
Aha. Aber der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“. Hat er sich erst einmal mit einer Situation abgefunden und arrangiert, ist es sehr schwer aus diesem „Trott“ wieder heraus zu finden.
Um es „erträglich“ zu machen redet man sich ständig Argumente und Ausreden ein, die es einem leichter machen die unbequeme Situation zu erdulden.
Und hier sollte man auf sich besser aufpassen. Ein Leben zu führen, in dessen Inhalt das „ertragen“ die Hauptrolle spielt, sollte dringend einmal überdacht werden.

In fast jedem Einrichtungskatalog kann man den Spruch „Carpe Diem“ – Genieße den Tag kaufen. Aber wenn man diesen Spruch nur als Deko an die Wand klebt, bringt er nicht so viel Freude, als wenn man danach lebt.
Und hier wieder. In Maßen. Ich habe auch Freunde, die leben, als wenn es ihr letzter Tag wäre. Einer hat Burn Out. Auch nicht das gewünschte Ziel.

Ziele sind in unserem Leben wichtig. Lebenswichtig. Es gab Studien, in denen hat man Menschen beobachtet, die ein Ziel hatten. Ziele, die vielleicht nie erreichbar sind. Aber sie waren optimistisch ihr Leben zu leben und alles zu machen, um diesem Ziel näher zu kommen.
Die andere Gruppe waren Menschen, die ihr Ziel erreicht haben. Im Lotto gewonnen. Endlich in Rente. Oder im schlimmsten Fall, wie ich in einem Vortrag von Paul Wazlawick gelesen habe, die Leiden im Krieg überlebt. Diese Gruppe Menschen hatten nach Erreichung des Ziels oftmals keine Lebensfreude mehr. Das Ziel hat sich dann in der Realität gar nicht so euphorisch und groß angefühlt, wie man es sich vorgestellt hat. Oder es haben dann wesentliche Dinge gefehlt.
Aber welches Ziel setzt man sich? Und nochmals: Was macht man in der Zwischenzeit?
Während eines Coachingsettings sagen Coachees oft, nach dem sie einen möglichen Weg ausgesprochen haben, „im inneren habe ich mir das schon gedacht“. Und hier ist wieder die Aussage: die Antwort steckt im System. In Ihrem System.
Im Coaching kann man sein eigenes Wertesystem einmal von außen betrachten. Vielleicht fällt einem ja was auf ? Vielleicht fängt man ja doch an im „Jetzt“ zu leben und nicht erst in der „Zukunft“?
Wäre doch schade, wenn am Ziel angekommen ein Supermarkt die Verwirklichung verbaut hat.
Zu hoffen, dass man dann mit einer Zeitmaschine „zurück in die Zukunft“ kann, ist zwar ein Ziel- aber ist es realistisch?

Sonnige Grüße aus Gran Canaria
Ihr
Jens Jannasch

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