„Ein Coach- das gönne ich mir auch mal“
„ein Coach, das gönne ich mir auch mal“
In Gesprächen mit KollegInnen, bei Kooperationspartnern oder auch in Vorgesprächen höre ich zur Zeit öfters Aussagen, die auf das Gleiche hindeuten.
Aus rein wirtschaftlicher Sicht finde ich das natürlich eine tolle Aussage. Aber aus ideologischer Sicht finde ich das auch ein heikles Thema- gestern habe ich erst einen Auftrag aus diesem Grund nicht angenommen.
Ich gönne mir eine Veränderung in meinem Leben? Ich gönne mir ein Jobwechsel? Ich gönne mir, mich intensiv mit mir auseinander zu setzen?
Ich finde, das hört sich an, wie ein Wellnessausflug. „Hach, meine Massage war wieder gut. Ich bin soo entspannt. Morgen gehe ich dann zu meinem Coach, mache eine schöne Aufstellung und Montag zur Pediküre“ Ein Coaching funktioniert nicht nebenbei als kleine Belohnung für sich selbst. Man geht nicht zu einem Coach und lässt sich „behandeln“.
Grundvoraussetzung für ein gelungenes Coaching ist, dass man den Willen einer Veränderung bzw. Lösung hat und eine bestehende Fragestellung ernst nimmt – und sich vor allem auch dafür Zeit nimmt.
Ein Veränderungsprozess kann nicht erfolgreich verlaufen, wenn man der Meinung ist, dass man sich ein Setting lang mit spannenden Tools beschallen lässt und eine faszinierende Aufstellungserfahrung seinen Bekannten erzählen kann, wenn die Ernsthaftigkeit dahinter nicht besteht und man die erarbeiteten Schritte nicht umsetzt. Oder für die weitere Bearbeitung des Themas zwischen den Coachingsettings keine Zeit hat und sie sich auch nicht nehmen möchte.
In manchen Zeitungsartikeln stand, dass, es zur Zeit, besonders in Amerika, „In“ ist, einen Coach zu haben. Zum einen ist es gut, dass ein Selbstverständnis entwickelt wir, Probleme bzw.Fragestellungen mit professioneller Unterstützung anzugehen. Aber auf der anderen Seite wie bereits beschrieben, nur dann erfolgreich sein kann, wenn man selbst dazu auch ernsthaft bereit ist.
Eine Kollegin erzählte mir von einem Coachee, dem sie nach dem 2. Setting auch nach der Ernsthaftigkeit seines Vorhabens befragte. Dieser sagte, er habe sich eh schon einen besseren Coach gesucht, das bringe ihm bei ihr nichts, da er bei ihr keine gute Beratung erhält.
Es geht beim Coaching auch nicht um eine Beratung, sondern um systemisches Denken.
Nicht zu unterschätzen ist natürlich, dass das Coachinghonorar viele abschreckt. Dass es durchaus Coachees gibt, die sich eine Stunde zum Geburtstag oder Weihnachten schenken lassen oder sie sich zusammensparen. Aber wenn der Wille einer Veränderung der Antrieb für den Kontakt ist, steht dies natürlich auf einem völlig anderen Blatt.
Sicher ist dieser Artikel etwas ungewöhnlich. Dass ich als Freiberufler sage, ich nehme Kunden nicht an oder „kritisiere“ sogar einen potentiellen Kundenstamm.
Jedoch hat dies einen Hintergrund: Ich nehme mir sehr gerne viel zeit für Menschen, die wirklich in einer Fragenspirale fest sitzen und Unterstützung benötigen. Ich nehme meinen Coachingauftrag ernst. Mein Anspruch ist es nicht nur einen zufriedenen Kunden zu haben, sondern auch für mich selbst mit einer Bestätigung nach Hause zu gehen, dass das systemische Denken ein wirklich effektiver Ansatz ist.
Und auch die Langfristigkeit auf dem Markt zu bestehen spielt hier eine große Rolle. Ist der Coachee zufrieden, empfiehlt er mich weiter. Mundpropaganda ist in dieser Branche ein unbezahlbarer Werbefaktor.
Sitzt der „ich-gönn-mir-einen-Coach-Kunde“ seine Zeit mit mir als Showmaster ab, ist es fraglich, was er Anderen Positives über meine Arbeitsweise sagen kann.
Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Über eine rege Diskussion würde ich mich freuen.
Das Klienten dies als Luxus oder Wellness bezeichnen kenne ich so nicht. Das mag sicher auch am Vorgespräch liegen, wo die Bereitschaft zur Mitarbeit einfordert wird oder weil die allermeisten seit über 10 Jahren auf Empfehlungen kommen, und so wissen, was sie erwartet. Wenn man als Coach wirklich etwas für den Klienten bewirken will, gilt es hier sicher auch eine Grundlage am Anfang zur Zusammenarbeit herzustellen.
Ein anderer Bereich könnte in diesem Zusammenhang sein, was ein Mensch in sich selbst statt im Urlaube, neue Alufelgen etc. investiert. Hier gibt es sicher paradoxe Verhaltensmuster, sodass ein persönliches Thema erst »brennend« genug werden muss, damit gehandelt wird und zum Beispiel ein Coach herangezogen wird.
Sehr geehrter Herr Schwarz,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Auch ich erläutere im Vorgespräch genau meine Vorgehensweise und auch die Erwartungen an den Coachee zur Zusammenarbeit. Dies ist auch im Coachingvertrag so festgelegt. Allerdings stellt man teilweise erst in den ersten Settings fest, ob die Bereitschaft aus der Komfortzone heraus zu kommen auch wirklich vorhanden ist- bzw.ob das Thema „brennend“ genug ist.
Grüße aus Berlin
Ihr
Jens Jannasch
Schöner Artikel, den ich unterschreibe. Viele Klienten erleben die Sitzung als Luxus, weil sie ja sonst im Leben niemals die Zeit (für sich) haben und einfach mal eine Stunde über sich und ihre Probleme sprechen können. Zu diesem tollen Gefühl führt sicher auch die Absichtslosigkeit und Wertschätzung im Coaching, die sie im „normalen“ Umfeld ja auch selten erfahren.
Ob es ein Klient schafft, die Impulse im Alltag umzusetzen, ist seine Entscheidung. Wenn er das nicht schafft – warum auch immer – aber die Zeit mit mir als wertvoll sieht, ist das für mich ok.
Klienten, die jemanden suchen, der sie verändert oder Ihnen ein neues Verhalten beibringt, sind an der falschen Adresse, dafür gibt’s Trainer 😉
Grüße vom Coach aus Köln
Bernd Slaghuis